Lars Thomsen
Zukunftsforscher und Gründer der future matters AG
Welche Innovationen können Unternehmen in den nächsten zehn Jahren erwarten?
Es ist tatsächlich so, dass wir in den 20er Jahren mit enorm vielen Veränderungen in der Arbeitswelt konfrontiert sein werden. Es wird eine Vielzahl von Innovationen geben, die man entweder annehmen kann oder aus Angst vor dem Ungewissen ablehnen – es geht vor allem auch darum offen zu sein für Veränderungen. Es ist enorm wichtig als Unternehmen, egal wie groß oder klein, hat man heute mehr denn ja die Notwendigkeit sich weiterzubilden. Es ist essenziell mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und sich auch neuen Dingen zu stellen. Da braucht es als Unternehmen auch Mitarbeitende, die ähnlich denke und ihre individuellen Talente einbringen können.
Wie wird sich der Arbeitsalltag für Menschen in klassischen Bürojobs verändern?
Auch da wird sich einiges grundsätzlich verändern: momentan ist es so, dass wir mit Maschinen arbeiten, auf die wir uns einstellen müssen. Wir müssen verstehen, wie ein Computer funktioniert, wie man eine E-Mail schickt. Wenn wir mit Menschen interagieren, verhalten wir uns ganz anders, da wir wissen, dass unser Gegenüber versteht, was wir mit bestimmten Gesten oder Ausdrücken meinen. Wir gehen davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren ein Computer genauso intelligent wird wie ein Mensch. Es wird dadurch möglich sein, Prozesse und Routinen zu vereinfachen und durch Maschinen mit Künstlicher Intelligenz durchführen zu lassen. Uns selbst bleibt so mehr Zeit für das wesentliche.
Thema Home-Office: was sagen Sie dazu und denken Sie, dass das zukünftig die neue Norm wird?
Man sollte die Zukunft nicht so schwarz-weiß betrachten – ich glaube, dass die Pandemie uns auf jeden Fall gezeigt hat, wo die Chancen von Home-Office liegen, aber natürlich auch die Limitationen, die viele Leute erlebt haben. Ich denke, dass sich das ganze eher entzerrt – da sehe ich viele positive Aspekte. Vor Corona dachten wir Großteils, dass es essenziell ist, dass Arbeitende physisch zu bestimmten Zeiten am Tag anwesend sind. Das Ganze lockert sich zum einen schon durch die Flexibilisierung der Arbeitszeiten.
Zukünftig wird sich auch die Idee des Arbeitsplatzes selbst verändern. Während man früher darunter einen Schreibtisch und Schreibutensilien verstand, wird zukünftig vor allem der soziale und kreative Aspekt ausschlaggebend sein. Der Arbeitsplatz wird ein collaboration-space, an dem Leute sich treffen, interagieren und agil miteinander arbeiten können.
Das Home-Office wird für viele Leute vermutlich einen festen Platz in ihrem Arbeitsalltag finden, gleichzeitig werden sich Firmen aber zu einem Platz der Kreativität und Interaktion entwickeln.
Wie kann man sich als Unternehmer ideal auf die kommenden Veränderungen vorbereiten bzw. mithalten?
Gerade in Zeiten der Pandemie sind wir fokussiert auf die Gegenwart und die Ereignisse, die uns in naher Zukunft erwarten. Nimmt man da eine etwas distanziertere Sichtweise ein wird aber klar erkenntlich, dass wir uns momentan in einer Zeit befinden, in der mehr Innovation parallel stattfindet als jemals in der Geschichte der Menschheit zuvor – Dinge verändern sich im Wochentakt. Ich denke es ist gerade jetzt essenziell, eben nicht nur auf das Jetzt zu schauen, sondern auch einen Blick in die Zukunft zu wagen und sich zu fragen: wie könnte unsere Welt in 200 Wochen aussehen? Es ist wichtig seiner Neugier Raum zu geben, um so auch neu lernen zu können.
Was würden Sie den EntscheidungsträgerInnen von Unternehmen gerne mit auf dem Weg geben?
Gerade in Europa sollten wir darauf achten, die Chancen, die sich für Unternehmen in Zukunft ergeben auch zu nutzen – wir brauchen Macherinnen und Macher, die Dinge einfach probieren. Gerade jetzt braucht es Unternehmertum und Innovation mehr denn je – auch bei uns. Wir brauchen einen aktiven Dialog in Unternehmen darüber, wie wir besser werden und diese Veränderung, die sowieso kommen werden, nutzen können. Unternehmen brauchen jetzt umso mehr eine Vision, die von allen Mitarbeitenden gelebt und kultiviert wird.
Im Grunde ist vor allem eines wichtig: keine Angst zu haben vor der Zukunft, vor Veränderungen, vor Innovation.
„Ebenso sollte man sich Fragen stellen, auf die man noch keine Antwort hat.“