Bislang gab es nur Schätzungen und Umfragen zum Arbeitskräftemangel, auch weil das AMS nur jene Stellen veröffentlichen kann, die ihm direkt gemeldet werden. Deshalb hat der Wirtschaftsbund in Zusammenarbeit mit IT-Spezialist:innen erstmals Online-Stellenausschreibungen in Österreich gezählt. Das Ergebnis der Stellenerhebung zeigt deutlich, dass es mehr als doppelt so viele offene Stellen gab als bisher angenommen.
Mag. Kurt Egger
Generalsekretär Wirtschaftsbund
Foto: Julius Hirtzberger
Herr Egger, welche neuen Erkenntnisse über den österreichischen Arbeitsmarkt konnten mithilfe des WB-Stellenmonitors gewonnen werden?
Die Arbeitslosenzahlen befinden sich wieder auf Vorkrisenniveau, die Lage in den Betrieben spitzt sich hingegen aufgrund des Arbeitskräftemangels weiter zu. Für eine effiziente Arbeitsmarktpolitik ist es notwendig zu wissen, wie viele offene Stellen es in Österreich tatsächlich gibt. Unsere Stellenerhebung zeigt nun erstmals ein realistisches Bild des österreichischen Arbeitsmarkts, nämlich, dass es mindestens 248.000 offene Arbeitsplätze und damit doppelt so viele offene Stellen gibt, als bisher angenommen. Diese Zahl ist nahezu identisch mit der der Arbeitssuchenden in Österreich.
Welche Konsequenzen hat der Arbeitskräftemangel?
Der Arbeitskräftemangel ist einerseits eine Belastung für die Unternehmen, die ihrem regulären Betrieb nicht mehr vollständig nachkommen können und mit wirtschaftlichen Verlusten zu kämpfen haben. Andererseits leiden Mitarbeiter:innen unter der höheren Arbeitsbelastung. Letztlich entgehen dem Staat Steuereinnahmen in Milliardenhöhe. Am Ende schaden die fehlenden Arbeitskräfte also uns allen.
Welche Schritte müssen gesetzt werden, um diesem Problem entgegenzuwirken?
Um unseren Arbeitsmarkt besser für die Zukunft zu rüsten und unsere Wirtschaftsleistung nicht zu gefährden, brauchen wir jetzt die richtigen Weichenstellungen. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, möglichst viele Menschen in Vollbeschäftigung zu bringen. Dazu braucht es Maßnahmen gegen den Arbeitskräftemangel sowie dringend notwendige Arbeitsmarktreformen, wie etwa die Änderung der Zuverdienstgrenzen, ein degressiv gestaffeltes Arbeitslosengeld sowie die Erhöhung der Mobilität.