Die reale digitale Arbeitswelt fordert uns heraus, näher zu unserer Menschlichkeit vorzudringen. Wie sonst sollten wir uns von Maschinen unterscheiden?
Franz Kühmayer
Trendforscher am Zukunftsinstitut
Einen höheren Sinn in der eigenen Tätigkeit zu erkennen, gehört zu
unseren fundamentalen Antrieben und ist ein entscheidender Faktor für
die psychische Verfasstheit.
Mit dem Erzielen von Umsatz- oder Gewinnwachstum hat das nichts zu tun. Kennzahlen sind die Chimären der Sinnstiftung. Und auch die schöne neue Arbeitswelt durchdesignter Büros bleibt nur ein matter Abglanz guter Arbeit, wenn sie keinem höheren Zweck dient.
Was ist Sinnhaftigkeit?
Sinn
bedeutet, den eigenen Daseinszweck schlüssig erklären zu können und in
den Kontext der Gemeinschaft zu stellen. Nicht als Corporate Social
Responsibility-Feigenblatt oder als Nebenprodukt der normalen
Geschäftstätigkeit, sondern als zentrales Kernelement. Die Perspektiven
lauten Nachhaltigkeit, ethische Vorbildwirkung, Engagement.
Wie soll sich das aber rechnen? Die digitale Plattformökonomie demonstriert, dass Betriebe nicht mehr für sich allein erfolgreich sein können: Die Zeit der Einzelkämpfer und Self-Made-Men ist vorbei. Einem Unternehmen geht es nur dann gut, wenn es auch einer großen Gruppe anderer gut geht – PartnerInnen, KundInnen, MitarbeiterInnen und auch MitbewerberInnen.
Strategien für die Zukunft
Damit das langfristig gelingt, kann grenzenloses Wachstum kein Zukunftsrezept sein. Während der eine Teil der Welt darum ringt, die sekuläre Stagnation zu überwinden und dies auch gegenüber Kindern und Enkeln noch rechtfertigen zu können, muss die Steigerung des Lebensstandards in anderen Teilen der Welt von vornherein neuen, nachhaltigeren Prinzipien gehorchen – oder wir brauchen tatsächlich Planet B, C und D.
Wir sind in der Verantwortung, die Grundprinzipien der Marktwirtschaft weiterzuentwickeln. Dazu gehört von der betriebswirtschaftlichen auf die volkswirtschaftliche Perspektive umzuschalten, von Kundenzielgruppen zur Gesellschaft als Ganzes. Die Schlüsselfrage lautet: „Wieso wird die Welt ein Stück weit besser, weil es uns gibt?“
Wenn die Maschinen immer bessere Maschinen werden, müssen wir Menschen immer bessere Menschen werden. Gute Arbeit bedeutet, sich dafür einsetzen zu können, zu dürfen und auch zu müssen, dass diese Entwicklung gelingt.